(ip/pp) Um die Frage, welche Konsequenzen anstehen, wenn beim Architektenvertrag Schadensersatzansprüche nicht wegen Bauwerksmängeln, sondern Fehlern in der Bauüberwachung geltend gemacht werden, hatte das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf jetzt zu entscheiden. Die Beklagte war Eigentümerin eines u. a. mit einem Wohn- und Gästehaus bebauten Grundstücks. Das Gebäude war ursprünglich in den Jahren 1903 und 1904 errichtet worden. Es wurde im zweiten Weltkrieg beschädigt und in den Jahren 1947 bis 1950 wieder aufgebaut. Im Jahre 2002 entschloss sich die Beklagte, das inzwischen stark renovierungsbedürftige Gebäude umfangreich sanieren und umbauen zu lassen. Nach ihren Vorstellungen sollte es nach Durchführung der Arbeiten zum Firmensitz der GmbH werden und dem Vorsitzenden der Geschäftsführung auch als Dienstwohnung dienen.

Mit den entsprechenden Architekten- und Ingenieurleistungen beauftragte die Beklagte den Kläger, der ein Ingenieurbüro betrieb. Der Kläger legte dem Beklagten verschiedene Entwurfsplanungen zur Sanierung und zum Umbau des Gebäudes vor. Darauf schlossen die Parteien einen Architektenvertrag, mit dem Kläger gem. § 15 HOAI die Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 für die bauliche Maßnahme, nämlich "den Um- und Erweiterungsbau des Wohn- und Geschäftshauses und Anbau des Schwimmbades" übertragen wurden. Auf ausdrücklichen Wunsch der Beklagten sollte der Kläger einen bestimmten Architekten mit der Erbringung der Architektenleistungen betrauen, der auch für das Büro des Klägers als Subunternehmer tätig war.??Die Vergütung der zu erbringenden Leistungen sollte sich nach den Vereinbarungen der Parteien nach den Bestimmungen der HOAI und dem Vertrag richten.

Nach den Vorstellungen der Beklagten bei Vertragsschluss sollte das Dachgeschoss des Hauses zunächst nur rohbaumäßig ausgebaut werden. Sie beabsichtigte zum damaligen Zeitpunkt, die Dachböden der Nord-, West- und Südseite erst zu späteren Zeiten als Büro- oder Wohnräume zu nutzen. Sämtliche Sanitär- und Elektroleitungen sowie die Anschlüsse an das Rohrnetz sollten allerdings bereits jetzt durch den Kläger entsprechend geplant werden. Auf den konkreten Innenausbau, also die Einbringung von Fußböden, Anstrich und Sanitäreinrichtungen, sollte nach den Vorgaben der Beklagten dagegen zunächst verzichtet werden. Das Obergeschoss sollte von den Baumaßnahmen im Wesentlichen unberührt bleiben. Im Erdgeschoss sollte der Empfang, das Sekretariat, der Büro- und Kücheneingang ohne windgeschützte Eingänge und ohne Veränderung der WC-Situation geplant werden. Weiter war vorgesehen, im Untergeschoss/Souterrain des Hauses ein neues Innenschwimmbad für ca. 125.000,- Euro einzubauen. Dagegen wurde von Maßnahmen zur Trockenlegung des Außen- und übrigen Mauerwerks und der Flure im Keller zunächst abgesehen, obwohl ein während der ersten Planungsphase eingeholtes Privatgutachten zu dem Schluss gekommen war, dass eine dauerhafte Austrocknung des Kellergeschosses erforderlich sei. Außerdem sollte der Balkon an der Vorderseite des Hauses gegen Nässe abgedichtet werden.

Auf der Grundlage dieser Absprachen erbrachte der Kläger entsprechende Architekten- und Ingenieurleistungen. Dann entschied sich die Beklagte jedoch gegen den Bau des Innenschwimmbades, nachdem der Kläger etliche Planungsleistungen, u.a. die Detailplanung für das Innenschwimmbad, erbracht hatte und der Beklagten in diesem Zusammenhang bekannt geworden war, dass sich die Kosten für das Innenschwimmbad nunmehr auf 0,25 Mio. Euro belaufen sollten. So revidierte die Beklagte das bisherige Projekt und teilte dem Kläger mit, dass das neue geplante und genehmigte Schwimmbad "vorerst nicht gebaut" werde. Ferner wies die Beklagte den Kläger daraufhin, dass ohne Beeinträchtigung von Ziel und Qualität der Maßnahme eine deutliche Reduzierung der bisher vorveranschlagten Gesamtkosten zwingend sei. Ferner stellte die Beklagte einen Katalog der aus ihrer Sicht noch offenen Fragen und Punkte des Projekts zusammen und bat den Kläger diesbezüglich um ein klärendes Gespräch. Im Laufe dieser Besprechung einigten sich der Kläger und die Beklagte auf ein pauschaliertes Honorar von 100.000,- Euro zuzüglich Mehrwertsteuer für alle bisher erbrachten, der ursprünglichen Planung entsprechenden Architekten- und Ingenieurleistungen einschließlich der Planungsleistungen für das Innenschwimmbad. Der Kläger bestätigte die getroffene Pauschalabrede hinsichtlich des Honorars und teilte weiter mit, dass über das Schwimmbad erst nach der Ausschreibung entschieden werden solle. Ferner machte er den Kläger nochmals darauf aufmerksam, dass es sich bei dem Umbau nach seinen Vorstellungen um eine schonende Sanierung und um einen Teilumbau mit jeweils vernünftigem Kostenaufwand handeln sollte.

Nach Zahlung entschloss sich die Beklagte zu weiteren baulichen Maßnahmen, die weitere Leistungen des Klägers erforderlich machten. Diese zusätzlichen Planungen betrafen das Dachgeschoss, das erste Obergeschoss, das Erdgeschoss und das Keller-/Souterraingeschoss. Das Dachgeschoss sollte nun entgegen den ursprünglichen Planungsvorgaben vollständig ausgebaut werden. Insbesondere sollte die sanitäre Ver- und Entsorgung sichergestellt werden. Planerisch war daher ein kompletter Bad-/WC-Bereich vorzusehen einschließlich der Belüftung und Entlüftung. In einer weiteren Planungsbesprechung in der 37./38. Kalenderwoche wurde von ihr der Einbau eines gesonderten Elektrokanals gefordert. Außerdem wurde von der Beklagten ein separater Flurbereich für die zuvor geplanten Räume 2 und 3 gewünscht. Entsprechendes bestätigte die Beklagte dem Kläger:??"Da nun bekanntlich das Dachgeschoss vollständig ausgebaut wird, sind die Mehrkosten für Heizung, Sanitär, Türen und Putz etc. zu kalkulieren.”

Nah noch mehrfacher Änderung des Anforderungsprofils kam es zum Streit – der Kläger stellte seine Tätigkeit endgültig ein, nachdem die Beklagte eine weitere Bezahlung verweigert hatte. So ging es u.a. um die Frage, was nach § 20 HOAI “Planungsänderung” überhaupt "grundsätzlich verschiedene Anforderungen" sind und u.a um Schadensersatzforderungen ohne vorherige Fristsetzung.

Das OLG entschied: 1. “Werden beim Architektenvertrag Schadensersatzansprüche nicht wegen Bauwerksmängeln, sondern wegen Kosten der Selbstvornahme der Bauüberwachung geltend gemacht, setzen diese ein Mängelbeseitigungsverlangen mit Fristsetzung voraus.

2. Wird neben dem beauftragten Architekten vom Bauherrn ein Sachverständiger "baubegleitend" eingesetzt, so stellen dessen Kosten keinen ersatzfähigen Schaden dar, wenn die Beauftragung nicht zur Feststellung einzelner, konkreter Mängel erfolgt.

3. Eine zur Beheizung eines Außenschwimmbads geplante Solarenergiegewinnungsanlage hat keinen relevanten Gebrauchswert, wenn sie auch unter optimalen Umständen eine stündliche Temperaturanhebung von lediglich 0,0274 Grad Celsius ermöglicht.

4. Der Besteller kann vom verantwortlichen Planer die für die Installation der Anlage aufgewandten Kosten als Schadensersatz verlangen.

5. Grundsätzlich verschiedene Anforderungen im Sinne von § 20 HOAI liegen sowohl dann vor, wenn bei einem Umbau im Bestand das zunächst nur rohbaumäßig herzustellende Dachgeschoss später vollständig für die Wohnraumnutzung ausgebaut werden soll, als auch dann, wenn im Kellergeschoss das zunächst ohne Trockenlegungsmaßnahmen geplante Innenschwimmbad zu Gunsten einer vollständigen Trockenlegung sowie dem Einbau von Büro- und Archivräumen entfällt.”

OLG Düsseldorf, Az.: 22 U 52/08