(ip/pp) Hinsichtlich Anwaltshaftung hatte das Oberlandesgericht (OLG) Celle??aktuell zu entscheiden. Die Klägerin nahmen die Beklagten auf Schadensersatz aus einem anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag in Anspruch. Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, hatte ein Grundstück erworben, das mit einem Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen bebaut worden war. Neben der Klägerin erwarben u. a. der frühere Sozius der Beklagten sowie weitere Betroffene gleichartige Grundstücke, auf denen sie - ebenso wie die Klägerin, mit der sie eine Art Bauherrengemeinschaft bildeten - durch ein Bauunternehmen Mehrfamilienhäuser mit entweder sechs oder neun Wohnungen errichten ließen. Die Bauunternehmerin stellte in Bezug auf die Bauvorhaben Erfüllungsbürgschaften in Höhe von 5 % der Bausumme, die später durch Gewährleistungsbürgschaften über gut 23.000,- Euro für die kleineren Objekte und knapp 34.000,- Euro für die größeren Objekte ausgetauscht wurden, wobei die jeweiligen Urkunden auf die Bauverträge Bezug nahmen. Diese waren auf der Grundlage der VOB/B geschlossen worden und sahen eine förmliche Abnahme der Bauwerke vor. Da die Bauvorhaben zahlreiche, im Wesentlich gleichartige Mängel aufwiesen, fand eine solche förmliche Abnahme jedoch niemals statt, obwohl die Wohnungen nach ihrer Errichtung durch Mieter bezogen wurden.

Da die Versicherung nicht bereit war, aufgrund der Gewährleistungsbürgschaft Zahlungen zu erbringen, fertigte eine Anwaltskanzlei für die Klägerin den Entwurf einer Klagschrift, zu einer Erhebung der Klage kam es jedoch nicht. Stattdessen führte die Kanzlei darauf im Auftrag der Bauherren Beweissicherungsverfahren gegen die Bauunternehmerin durch, bei denen zahlreiche Mängel festgestellt wurden. Da die Bauunternehmerin dann in Insolvenz fiel, kamen die Bauherren, die sich mit einer Ausnahme zusammen geschlossen hatten, auf ihre Ansprüche aus den Gewährleistungsbürgschaften gegen die Versicherung zurück, wobei sie übereinkamen, dass - um Kosten zu sparen - zunächst die Ansprüche eines von ihnen, der eine Art Vorreiterrolle einnahm, geklärt werden sollten. Dementsprechend machte die betreffende Kanzlei Ansprüche gegenüber der Versicherung geltend – was sich aber über einen längeren Zeitrum hinzog. Nachdem diese dann im betreffenden Fall sogar mittels Vergleich erfolgreich war, argumentierte dann aber, nach Klage auch weiterer Gesellschafter, die dafür zuständige Versicherung, in der betreffenden Angelegenheit bestünden dieselben Probleme wie in der zuvor behandelten – nur, so schränkte sie ein, etwaige Ansprüche seien mittlerweile aufgrund der durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz geänderten Rechtslage mit Ablauf 2004 verjährt.

Darauf klagten die Gesellschafter gegen die sie vertretenden Anwälte hinsichtlich Beratungsfehlern und “Pflichtverletzung des Rechtsanwalts”, und erhielten vom Oberlandesgericht Celle Recht:

„Steht dem Mandanten des Rechtsanwalts materiell-rechtlich kein Anspruch gegen den Anspruchsgegner zu, kommt eine Pflichtverletzung des Rechtsanwalts ausnahmsweise dann in Betracht, wenn sich feststellen lässt, dass der Anspruchsgegner (hier eine Versicherung) gleichwohl ein Vergleichsangebot unterbreitet hätte, der Rechtsanwalt diese Möglichkeit aber zu Gunsten seines Mandanten nicht weiterverfolgt und ein Vergleich nur aufgrund dessen nicht zu Stande gekommen ist. Der Schaden besteht in einem solchen Fall in der entgangenen Vergleichssumme.“

OLG Celle, Az.: 3 U 102/09