(ip/pp) Ob ein zweijähriger Kündigungsverzicht für Zimmer im Mietvertrag eines Studentenwohnheims möglich ist, war Gegenstand einer aktuellen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die Beklagten, Vater und Sohn, sind nach einem mit der Klägerin geschlossenen Mietvertrag Mieter eines in einem Wohnheim der Klägerin gelegenen möblierten Zimmers, das der Sohn anlässlich der Aufnahme seines Studiums bezog. Zur Mietzeit enthielt der von der Klägerin verwendete Formularvertrag in § 2 folgende Bestimmung, wobei die Datumsangaben handschriftlich eingetragen sind:

„Das Mietverhältnis beginnt am 1.10.2006. Der Vertrag läuft auf unbestimmte Dauer. Es wird vereinbart, dass das Recht zur ordentlichen Kündigung für beide Parteien bis zum 15.10.2008 ausgeschlossen ist“. Die Miete war mit 255,- Euro monatlich vereinbart (205,- Euro zuzüglich 50 € für Wohnungsstrom). Darüber hinaus sah der Mietvertrag in § 8 die zinsfreie Entrichtung einer Kaution von 615,- Euro an die Klägerin vor, die auch geleistet wurde.

Nach knapp einem Jahr kündigte der Vater unter dem Briefkopf des Sohnes mit dem Unterschriftszusatz „i. A.“ den Mietvertrag wegen „der durchweg unzumutbaren gesundheitsgefährdenden unhygienischen Zustände im (gemeinschaftlichen) sanitären Bereich, als auch im Eingangsbereich“. Die Zimmerschlüssel wurden zeitnah zurückgegeben, die Miete nicht mehr gezahlt.

Das Amtsgericht hat die außerordentliche Kündigung nicht als wirksam angesehen. Es ist aber von einer Beendigung des Mietverhältnisses durch ordentliche Kündigung zum 31. Oktober 2007 ausgegangen und hat der auf Zahlung der Mieten für die Monate August bis Oktober 2007 gerichteten Klage mit Ausnahme der Mietforderung für August stattgegeben, die es durch Aufrechnung der Beklagten mit einem Anspruch auf Kautionsrückzahlung als erloschen angesehen hat.

Zugleich hat das Amtsgericht die Klägerin auf die Widerklage der Beklagten zur Rückzahlung der überschießenden Kaution verurteilt. Die von der Klägerin eingelegte Berufung hat das Landgericht - ebenso wie die Anschlussberufung der Beklagten - zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung ihrer Berufung wandte sich die Klägerin mit ihrer Revision. Die lehnt der BGH ab. Die ausgesprochene Kündigung sei mangels vorheriger Abmahnung zwar nicht als außerordentliche Kündigung wirksam geworden. Sie sei jedoch in eine ordentliche Kündigung umzudeuten und habe das Mietverhältnis nach einem Jahr beendet. Bei ihrem Ausspruch habe der Vater zum einen als Vertreter des Sohnes handeln wollen und dies durch Angabe von dessen Namen und den Gebrauch des Vertreterzusatzes „i. A.“ zum Ausdruck gebracht. Zugleich habe er für sich selbst handeln wollen. Ein juristischer Laie wie der Vater, der als Vertreter unterschreibe, gehe gewöhnlich davon aus, dass damit zugleich seine eigene erforderliche Unterschrift geleistet werde. Nach Lage der Dinge könne deshalb ausgeschlossen werden, dass der Vater als Vertreter des Sohnes eine Erklärung abgegeben habe, die er sachlich nicht habe mittragen wollen. Unstreitig habe allein der Sohn in dem angemieteten Zimmer aus Anlass seines Studiums wohnen sollen. Die Aufnahme des Vaters in den Mietvertrag habe lediglich dazu gedient, der Klägerin einen weiteren solventen Schuldner zu verschaffen. Er sei deshalb ebenfalls daran interessiert gewesen, das Mietverhältnis, von dem sein Sohn sich aus sachlichen Gründen habe lösen wollen, rasch zum Ende zu bringen, um eine eigene Inanspruchnahme zu vermeiden. Wäre ihm bewusst gewesen, dass er den Mietvertrag ebenfalls unterschrieben habe und daher auch eine Kündigung von seiner Seite notwendig gewesen sei, hätte er die Adressenangabe entsprechend anders formuliert.

„Der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung stehe nicht der im Mietvertrag vereinbarte Kündigungsausschluss entgegen. Hierbei handele es sich nach dem Ergebnis des erhobenen Zeugenbeweises sowie der Anhörung des Beklagten zu 2 nicht um eine individualvertraglich getroffene Abrede, sondern um einen formularmäßigen Kündigungsausschluss. Dieser sei nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil er in seinem Ergebnis einem einfachen Zeitmietvertrag gleichkomme, wie ihn der Gesetzgeber im Zuge des Mietrechtsreformgesetzes wegen einer unerwünschten Beeinträchtigung der Flexibilität und Mobilität des Mieters nicht mehr gewollt habe. Diesen Interessen komme hier besondere Bedeutung zu, weil gerade Studenten oftmals nach wenigen Monaten feststellten, dass das begonnene Studium für sie nicht das Richtige sei, oder weil sie in späteren Phasen ihr Studium im Ausland fortsetzen wollten oder gar müssten. Dem Interesse des Mieters, sich von einem Vertrag jederzeit innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums lösen zu können, habe der Gesetzgeber den Vorrang vor der Vertragsfreiheit jedenfalls dort einräumen wollen, wo aus Gründen der Mietersituation die Flexibilität den Vorrang besitzen müsse. Zumindest sei nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber es generell oder für Konstellationen, in denen der Mieter erkennbar ein gesteigertes Interesse an einer jederzeitigen Lösungsmöglichkeit habe, erlauben wolle, durch einen Ausschluss des Kündigungsrechts die Wirkungen herbeizuführen, wie sie sonst durch eine nach § 573c BGB gerade nicht zulässige Verlängerung der Kündigungsfrist eintreten würden. „

BGH, Az.: VIII ZR 307/08