(ip/pp) In einem sehr detailliert formulierten Urteil hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg jetzt zur rechtlichen Situation der gewerblichen Mieter in einem Einkaufszentrum geäußert. Es ging u.a. um die Rahmenbedingungen der Nutzung, des etwaigen Konkurrenzschutzes dort sowie der Offenhaltungspflicht der Mietfläche, die im eigentlichen Mietvertrag sehr restriktiv gehalten war.

In diesem hatte u.a. gestanden: "Die Vermietung erfolgt zur ausschließlichen Nutzung als: T. -Discount einschließlich der dazugehörenden Rand- und Nebensortimente. Der Mieter verpflichtet sich, das Sortiment entsprechend der oben angeführten Beschreibung einzuhalten. Eine Änderung der genannten Nutzung oder des Sortiments ist dem Mieter ohne vorherige Zustimmung des Vermieters nicht gestattet. Dem Mieter wird keine Sortimentsausschließlichkeit zugesichert. Konkurrenzschutz ist ausgeschlossen."

§ 11/II des betreffenden Mietvertrages regelt die "Betreibungs-/Offenhaltungspflicht" des Mieters und forderte eine zu den allgemeinen Geschäftszeiten des Zentrums permanente Öffnung des Geschäftes. "1. Der Mieter ist verpflichtet, den Mietgegenstand während der gesamten Mietzeit seiner Zweckbestimmung entsprechend ununterbrochen zu nutzen. Er wird die Mieträume weder ganz noch teilweise unbenutzt oder leer stehen lassen.“

Nach Jahren des ungestörten Miteinanders klagte der bewusste Mieter gegen den ihn betreffenden Vertrag, mit der Begründung, u.a. infolge eines wachsenden Leerstandes im Zentrum sei dessen Geschäftsgrundlage zwischenzeitlich weggefallen. Der Vermieter habe es "offensichtlich schuldhaft versäumt, sich intensiv um eine Weitervermietung zu kümmern". Eine "massive Mieterflucht" belege, dass die Anziehungskraft des Einkaufszentrums weiter schwinde.

Dem widersprach das OLG:

„1. Die formularmäßige Festlegung einer Betriebspflicht in einem Mietvertrag über die Nutzung von Gewerberäumen in einem Einkaufszentrum durch einen Lebensmittel-Discounter ist nicht deshalb nach ... BGB unwirksam, weil dem Mieter zugleich eine Sortimentsbindung auferlegt wird und Konkurrenzschutz ausgeschlossen ist. ...

2. a) Die formularmäßig in einem Mietvertrag über die Nutzung von Gewerberäumen in einem Einkaufszentrum durch einen Lebensmittel-Discounter geregelte Offenhaltungspflicht, derzufolge zeitweilige Schließungen "wie Mittagspause, Ruhetage, Betriebsferien" untersagt und Unterbrechungen wegen Inventuren und Betriebsversammlungen gestattet werden, stellt keine unangemessene Benachteiligung des Mieters ... dar, weil - auch mit Rücksicht auf die Interessen der betroffenen Verkehrskreise - die Einlegung einer Mittagspause sämtlicher Mitarbeiter eines Lebensmittel-Discounters in einem Einkaufscenter ebenso wenig branchentypisch und der Verkehrssitte entsprechend ist wie die Schließung aufgrund von Betriebsferien oder eines Ruhetages.“

„Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters, das dieser nicht auf den Vermieter verlagern kann. Diese im Gewerberaummietrecht angelegte Risikoverteilung ändert sich nicht dadurch, dass das vermietete Geschäft in einem Einkaufszentrum liegt und nicht nur der Mieter, sondern auch der Vermieter erwartet hat, die notwendige geschäftsbelebende Funktion des Einkaufszentrums werde verwirklicht werden können.“

OLG Naumburg, Az.: 9 U 18/08