(ip/pp) Über die Grenzen der Sekundärhaftung des Architekten entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuellen Verfahren. Der im betreffenden Fall beklagte Architekt wandte sich gegen eine Verurteilung zur Schadensersatzzahlung. Der Beklagte wurde von den Klägern mit den Grundleistungen der Phasen 1 bis 6 des § 15 Abs. 2 HOAI für die Errichtung des Hauses der Kläger beauftragt. Das Grundstück befand sich 100 Meter von der Elbe entfernt. Die Planung des Beklagten sah keine Abdichtung gegen drückendes Grundwasser vor. Nach Abnahme des Hauses trat erstmals relativ kurz nach Bau Wasser in den Keller ein.

Die Kläger wandten sich deswegen an die bauausführende Firma, die selbst nichts unternahm, jedoch den Beklagten über den Wassereintritt und ihre Auffassung informierte, es liege kein Ausführungsfehler vor. Der Beklagte blieb untätig. Nach einem neuen Wassereintritt Jahre später beauftragten die Kläger einen Sachverständigen mit der Ermittlung der Ursachen und der Prüfung, welcher Aufwand zur Beseitigung der Mängel erforderlich sei. Der Sachverständige stellte fest, dass eine fehlende Abdichtung gegen drückendes Grundwasser schadensursächlich war. Die Kläger verlangen vom Beklagten rund 46.000,- Euro für die Schadensbeseitigung.

Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten war ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht meinte, der Beklagte könne sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen. Ihn treffe eine Sekundärhaftung, die zum Ausschluss der Verjährungseinrede führe. Aufgrund seiner Sachwalterhaftung sei er mit dieser Einrede ausgeschlossen. Dem Beklagten habe die objektive Untersuchung des in unverjährter Zeit aufgetretenen Mangels und die Information der Bauherren über das Ergebnis der Untersuchung oblegen.

Das hielt der rechtlichen Nachprüfung durch den BGH nicht stand. Nach der Rechtsprechung des Senats obliegt dem umfassend beauftragten Architekten im Rahmen seiner Betreuungsaufgabe nicht nur die Wahrung der Auftraggeberrechte gegenüber den Bauunternehmern, sondern auch und zunächst die objektive Klärung der Mängelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören. Eine Vertragsverletzung durch pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und Beratung, mit der der Architekt möglicherweise die Verjährung der gegen ihn selbst bestehenden Ansprüche herbeiführt, begründet - nicht anders als eine falsche Beratung - einen weiteren Schadensersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche als nicht eingetreten gilt.

“Anknüpfungspunkt für die Sekundärhaftung des Architekten ist der übernommene Aufgabenkreis. Eine Pflicht zur Aufklärung über eigene Fehler muss sich aus den übernommenen Betreuungsaufgaben ergeben. Derartige Betreuungspflichten folgen für den umfassend beauftragten Architekten daraus, dass er die Objektüberwachung und die Objektbetreuung übernommen hat. Er ist verpflichtet, für die Mängelfreiheit des Bauwerks zu sorgen und dem Besteller auch nach Fertigstellung des Bauwerks bei der Untersuchung und Behebung des Baumangels zur Seite zu stehen. Mit der umfassenden Beauftragung eines Architekten räumt der Besteller diesem eine zentrale Stellung bei der Planung und Durchführung des Bauwerks ein. Er ist der primäre Ansprechpartner des Bestellers, wenn es zu Problemen bei der Bauabwicklung kommt. Dies setzt sich auch nach der Fertigstellung des Bauvorhabens fort. Deshalb ist der Architekt auch nach der Fertigstellung des Bauvorhabens Sachwalter des Bestellers, der ihm bei der Durchsetzung der Ansprüche gegen die anderen Bau- und Planungsbeteiligten behilflich sein muss.”

“Die zur Sekundärhaftung des Architekten entwickelten Grundsätze sind nicht auf einen Architekten anwendbar, der lediglich mit den Aufgaben der Grundlagenermittlung bis zur Vorbereitung der Vergabe (Leistungsphasen 1 bis 6 des § 15 Abs. 2 HOAI) beauftragt worden ist“.

BGH, Az.: VII ZR 134/08