(ip/pp) Hinsichtlich der Haftung eines Bauunternehmers für Schäden am Nachbarhaus hatte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz aktuell zu entscheiden. Die Klägerin nahm die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz wegen Rissbildung an einem in ihrem Haus in Anspruch. Das Landgericht hatte - unter Berücksichtigung der Ergebnisse eines erstinstanzlich durchgeführten selbständigen Beweisverfahrens die Klage abgewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, es müsse nach dem Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens davon ausgegangen werden, dass die Beklagte kein Verschulden im Sinne des § 276 BGB an der Rissbildung treffe. Da die Beklagte die im Rahmen der durchgeführten Rüttelarbeiten zu beachtenden Grenzwerte eingehalten habe, könne ihr ein Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht angelastet werden. Hiergegen richtete sich die Berufung der Klägerin.

Die Klägerin war der Auffassung, die Beklagte habe die einzuhaltenden Grenzwerte dennoch überschritten. Auch bei Einhaltung der entsprechenden DIN-Normen sei ein Verschulden der Beklagten gegeben. Die Beklagte habe die Pflicht gehabt, Schäden an dem klägerischen Anwesen zu vermeiden. Insoweit habe die Beklagte nicht nur Schutzvorkehrungen treffen müssen, sondern darüber hinaus auch nach Beginn der Rüttelarbeiten Messungen in der Nachbarschaft durchführen müssen. Es sei auch ohne Weiteres erkennbar gewesen, dass es sich bei dem Gebäude der Klägerin um ein schadensanfälliges Gebäude gehandelt habe, bei dem nicht davon ausgegangen werden könne, dass bei Einhaltung der zu beachtenden Grenzwerte keine Schäden entstehen würden.?Da nach dem eingeholten Sachverständigengutachten die durchgeführten Rüttelarbeiten Auslöser für die Rissbildungen gewesen sein könnten, sei die erforderliche Kausalität gegeben. Insoweit müsse dem angetretenen Zeugenbeweis nachgegangen werden.

Das OLG entschied: „1. Kommt es im Rahmen von Bauarbeiten an einem Nachbarhaus zu Rissbildungen, so ist der Bauunternehmer nicht zum Ersatz des hieraus entstehenden Schadens verpflichtet, wenn ihm bei den Bauarbeiten weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit im Hinblick auf zu beachtende Sorgfaltsanforderungen zur Last fällt.

2. Werden bei den Rüttelarbeiten die sich aus der einschlägigen DIN-Norm ergebenden Grenzwerte eingehalten, kann ihm ein Verstoß gegen die von ihm zu beachtenden Sorgfaltsanforderungen nicht angelastet werden.

3. Der Bauunternehmer haftet auch nicht unter dem Gesichtspunkt des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs. Dieser richtet sich vielmehr gegen den Eigentümer des Grundstücks, von dem die Störungen ausgehen, regelmäßig also gegen den Bauherrn.

4. Das Gericht lässt jedoch die Revision zu, um die Frage klären zu können, ob auch der Bauunternehmer dem nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch unterliegt.“

OLG Koblenz, Az.: 1 U 491/09