(ip/pp) Ob das Geschrei eines benachbarten behinderten Kindes ein Sachmangel einer Eigentumswohnung ist, war Gegenstand eines aktuellen Verfahrens vor dem Landgericht (LG) Münster. Der Kläger machte gegen die Beklagten als Verkäufer einer Eigentumswohnung Schadensersatzansprüche wegen Geräuschbeeinträchtigungen geltend, die von einem an Autismus erkrankten Kind stammten, das auf dem Nachbargrundstück wohnte. Die Beklagten waren Eigentümer einer im Erdgeschoss gelegenen Eigentumswohnung. Der Eigentumswohnung war eine Terrassen- und Gartenfläche zugeordnet, die an den Garten des Hausgrundstücks der bewussten Familie angrenzte. Nach vorausgegangenen Besichtigungen erwarb der Kläger die Eigentumswohnung zu einem Kaufpreis in Höhe von 128.000,- Euro.

Nach der Übergabe des Objekts und der Durchführung von Renovierungsarbeiten zog der Kläger in die Wohnung ein. In der folgenden Zeit stellte er fest, dass auf dem benachbarten Grundstück der Familie auch deren 9-jähriger Sohn lebte. Der Sohn litt an Autismus, einer Entwicklungsstörung, die in der Regel auf einer Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörung des Gehirns beruht. In den Sommermonaten hielt sich der Sohn häufig nachmittags bis abends im Garten auf. „Dort gab der Junge aufgrund seiner Erkrankung Geräusche von sich, die einem Kreischen oder Schreien ähneln“, so das Gericht.

Der Kläger sah sich durch diese Geräusche in der Nutzung seiner Terrasse und des Gartens für Büro- oder Freizeitaktivitäten beeinträchtigt und forderte die Beklagten vergeblich zur Rückzahlung eines Teils des Kaufpreises auf. Er war der Ansicht, dass die Geräusche des autistischen Kindes auf dem Nachbargrundstück einen Sachmangel der Eigentumswohnung darstellen würden, der eine Wertminderung in Höhe von mindestens 10 % des Kaufpreises begründe. Es liege daher ein Schaden in Höhe von gut 12.250, vor. Jedenfalls hätten es die Beklagten vor Abschluss des Kaufvertrages unterlassen, ihn auf diesen Umstand hinzuweisen.

Das LG entschied gegen ihn: „Der Käufer einer Eigentumswohnung kann wegen eines autistisch behindertem und ständig schreiendem Kindes auf dem Nachbargrundstück keine nachträgliche Herabsetzung des Kaufpreises verlangen. Ein wegen seiner Behinderung auffälliger Mensch ist kein Sachmangel angemieteter oder gekaufter Räumlichkeiten.“

LG Münster, Az.: 8 O 378/08