(ip/pp/) Über die Bedeutung der Klausel zum Baubeginn in öffentlichen Ausschreibungen hatte der Bundesgerichtshof (BGH) aktuell zu entscheiden. Die Klägerin forderte als Auftragnehmerin von der beklagten Bundesrepublik Deutschland eine Mehrvergütung auf Grund eines verzögerten Zuschlags im Vergabeverfahren und der sich daraus ergebenden Veränderung der Bauzeit. Sie hatte der Beklagten nach öffentlicher Ausschreibung ein Angebot für den sechsstreifigen Ausbau eines Autobahnabschnitts mit einer Angebotssumme von ca. 11.000.000,- Euro sowie vier Nebenangebote unterbreitet. Entsprechend den der Ausschreibung zugrunde liegenden Besonderen Vertragsbedingungen sollte die Ausführung der Arbeiten spätestens 12 Werktage nach Zuschlagserteilung beginnen und 445 Werktage nach Zuschlagserteilung vollendet sein.

Nach den Ausschreibungsbedingungen war die Klägerin zum Ende der Zuschlagsfrist an ihr Angebot gebunden. Wegen Verzögerungen bei der Bereitstellung von Haushaltsmitteln erklärte sich die Klägerin auf Bitte der Beklagten mit einer Verlängerung der Bindefrist um vier Monate einverstanden. Schon vor deren Ablauf benachrichtigte die Beklagte alle Teilnehmer des Bieterverfahrens, dass die Klägerin das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe und daher den Zuschlag erhalten solle. Daraufhin wurde von einem Konkurrenten ein Vergabenachprüfungsverfahren eingeleitet, das ebenfalls vor Ablauf der Bindefrist durch Antragsrücknahme beendet wurde. Anschließend erteilte die Beklagte der Klägerin den Zuschlag auf ihr Hauptangebot in Verbindung mit den Nebenangeboten 2 und 3, wobei das Nebenangebot 3 eine Bauzeitverkürzung von 32 Werktagen betraf.

Die Klägerin bestätigte den Zuschlag und meldete zugleich Mehrkosten wegen der Verschiebung der Ausführungszeit an. Sie macht Mehrkosten geltend, da sich nach Ablauf der ursprünglichen Zuschlagsfrist bis zum tatsächlichen Zuschlag die Materialpreise für bituminöses Mischgut, Schüttgüter und Kanalbaustoffe stark erhöht hätten. Auch u. a. die Verkehrssicherungsmaßnahmen seien teurer geworden, da das Preisniveau gestiegen sei. So machte die Klägerin insgesamt Mehrkosten von knapp 1.500.000 Euro geltend.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Der BGH entschied:
„1. Sieht eine Ausschreibung in einem öffentlichen Vergabeverfahren vor, dass der Auftragnehmer spätestens 12 Werktage nach Zuschlag mit den Bauarbeiten zu beginnen hat, ist dies dahin zu verstehen, dass der vertraglich vorgesehene Baubeginn an die ausgeschriebene Zuschlagsfrist anknüpft, wenn der Zuschlag später erfolgt. In diesem Fall ist der tatsächliche Zuschlagstermin nicht maßgebend.

2. Ein Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B kann dem der Verlängerung der Bindefrist zustimmenden Auftragnehmer wegen einer verzögerten Vergabe grundsätzlich nur erwachsen, wenn dies eine Änderung der Leistungspflichten zur Folge hat.

3. Wird der Zuschlag nach Verlängerung der Bindefristen durch die Bieter später erteilt als in der Ausschreibung vorgesehen, kann ein Mehrvergütungsanspruch nicht allein daraus hergeleitet werden, dass sich im Hinblick auf die verspätete Zuschlagserteilung die Kalkulationsgrundlagen geändert haben.

4. Maßgeblich für die in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B zu ermittelnde Höhe des Mehrvergütungsanspruchs, der auf einer durch eine verzögerte Vergabe verursachten Bauzeitverschiebung beruht, sind grundsätzlich nur diejenigen Mehrkosten, die ursächlich auf die Verschiebung der Bauzeit zurückzuführen sind.“

BGH, Az.: VII ZR 152/08