(ip/pp) Über TippEx-Korrekturen und die Gleichbehandlung von Bietern bei der Bindefristverlängerung hatte das Oberlandesgericht (OLG) München jetzt zu entscheiden. Ein Staatliches Bauamt, die Vergabestelle, hatte die Elektroinstallationsarbeiten im Rahmen der Sanierung und Anpassung eines Gebäudes der örtlichen Hochschule europaweit im Offenen Verfahren ausgeschrieben. Den Zuschlag sollte das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die in den Verdingungsunterlagen genannten Kriterien erhalten. Unter Ziffer IV.3.37. war in der Bekanntmachung vermerkt: "Bindefrist des Angebots: bis 20.3." Beim Eröffnungstermin am 5.2. lagen neun Angebote vor. Die Vergabestelle schloss das preisgünstigste Angebot der Antragstellerin bei der formellen Prüfung aus, da im Leistungsverzeichnis auf einer Seite in einer Position eine Tipp-Ex-Korrektur vorgenommen worden war.

Nach der Auswertung der Angebote durch das beauftragte Ingenieurbüro soll die Beigeladene als nun günstigste Bieterin den Zuschlag erhalten. Dann verlängerte die Beigeladene die Bindefrist auf Aufforderung durch die Vergabestelle über den ursprünglichen Zeitpunkt hinaus. Andere Bieter hatte die Vergabestelle nicht angeschrieben. Unstreitig hatte sich die Antragstellerin zudem im betreffenden Zeitraum bei der Vergabestelle nach dem Sachstand erkundigt.

Im Anschluss versandte die Vergabestelle die Bieter über die rechnerische Prüfung - für die Antragstellerin war aber keine geprüfte Angebotssumme eingetragen. Die Antragstellerin protestierte darauf mit folgendem Wortlaut: "Nach wiederholter telefonischer Nachfrage haben wir erst heute nach erneuter telefonischer Nachfrage das Schreiben … über die Information nach § 13 VgV zu obigem Projekt in Kopie per Fax erhalten. Mit dem Ausschluss aus dem Vergabeverfahren sind wir nicht einverstanden! Die von uns vorgenommenen Eintragungen sind zweifelsfrei, es wurden keine unzulässigen Änderungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen. Wir beantragen eine Nachprüfung des bisherigen Verfahrens…"

Das OLG entschied wie folgt: “1. Gegen die Korrektur versehentlich im Leistungsverzeichnis erfolgter Einträge mittels TippExRoller bestehen grundsätzlich keine Bedenken.

2. Es verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sich der Auftraggeber nur von einem Bieter ausdrücklich die Bindefrist verlängern lässt.

3. Nach Ablauf der vom Auftraggeber festgesetzten Bindefrist ist von einer stillschweigenden Verlängerung der Bindefrist bei den am Ausschreibungsverfahren beteiligten Bietern auszugehen, solange sie nicht ihr Angebot zurückziehen.”

OLG München, Az.: Verg 8/09